Längst hat Corona Einzug gehalten in unseren Alltag. „Abstand halten!“ oder „Achtung Corona!“, wenn man sich mal zu nahe kommt, ist beim Spielen der Kinder immer wieder zu hören. Wenn ich mal niesen muss, so weist mich mein Sechsjähriger darauf hin, dass ich doch in die Armbeuge niesen soll. Und selbst das früher so leidige Händewaschen wird jetzt fast schon ohne Ermahnung von einem freudigen, zweifachen „Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh“ begleitet.
Die Kids sind wieder in der Schule – wenn auch nur an bestimmten Tagen und weiterhin mit viel Unterstützung durch uns Eltern im Home Schooling. Maskenpflicht beim Betreten und Verlassen der Schule, geteilte Klassengruppen und Elternabende mit nur maximal einem Erziehungsberechtigten sind Normalität. Auch der Kindergarten hat wieder geöffnet. In vielen Familien war zuvor Krise angesagt, da man sich plötzlich selbst um die eigenen Kinder kümmern musste. Den ganzen Tag.
Seit einigen Wochen kommen wieder mal Freunde zu Besuch. Die Umstellung ist vielen von uns schwer gefallen. Von der totalen Isolation während der Zeiten der strengen Kontaktsperren hin zu dem behutsamen, langsamen wieder „einfach spielen lassen“ auf der Straße oder auf dem lange gesperrten Spielplatz.
Es ist unser „neuer“ Alltag. Neu, weil doch vieles anders ist als vor dem Kronenvirus, wie die Kids es gerne nennen. Anders, aber nicht unbedingt nur schlechter.
Ich möchte es nicht klein reden. Der Ausbruch des Coronaviruses hat weltweit für Chaos und viel Leid gesorgt, hundert Tausende sind erkrankt, nicht wenige auch am Virus verstorben. Die Wirtschaft kam fast zu einem Stillstand. Viele Menschen sind oder werden noch arbeitslos. Einst erfolgreiche Top-Unternehmen gehen Pleite oder stehen kurz davor. Wer hätte gedacht, dass man mal nicht in den Urlaub gehen wollen würde? Und immer mit dabei war doch auch die Angst, sich selbst anzustecken und es unwissentlich an andere zu übertragen. Und diese Ungewissheit: Was kommt morgen?
Nun bin ich aber ein positiv denkender Mensch und versuche mich auch in diesen nicht immer leichten Zeiten auf das Gute zu fokussieren. Schlechtes gibt es ja schon genug auf der Welt.
Ziehe ich Resümee über die letzten Monate, so hat sich doch auch einiges zum Positiven verändert. Ich bin oft im Home Office gewesen, das hat sich nun etabliert. Auch wenn die Arbeit zur Corona-Hochzeit im systemrelevanten Bereich, in dem ich tätig bin, extrem stressig und hektisch war und auch zu dieser Zeit die Arbeitstage sehr lang waren, habe ich doch auch irgendwie mehr Zeit mit der Familie verbringen können. Wir haben viel öfter gekocht und nachts noch süße Nachspeisen gezaubert. Das allerdings hat sich negativ auf die Waage ausgewirkt (oder sie ist defekt, auch eine Möglichkeit). Ich habe neue Hobbies für mich entdeckt, wo ich doch eigentlich gar keine Zeit für sowas habe.
Und eines wurde mir schlagartig bewusst:
Wie dankbar ich doch bin
Wie gut es uns im Gesamten doch geht.
für das, was ich habe.
Mein Leben hat sich entschleunigt. Trotz des stressigen Arbeitsalltags konnte ich einen Gang runter fahren. Mir wurde erst jetzt bewusst, wie viel „Sozialstress“ ich mir völlig unbemerkt und freiwillig eingekauft hatte.
Nun trage ich eben Maske wenn ich einkaufen gehe und desinfiziere mir am Tag mehrfach die Hände. Ich gehe nicht mehr so häufig aus dem Haus, vermeide große Menschenansammlungen. Aber ich lebe bewusster. Und empfinde mehr Dankbarkeit als je zuvor.
Die Sorge um eine Infektion ist übergegangen in einen gesunden Respekt vor der Krankheit. Corona hat sich ganz still und leise in unseren Alltag geschlichen. Vermutlich ist das auch gut so. Denn wir werden uns noch lange mit Corona abgeben müssen.